Nachdem er in der letzten Saison vorübergehend aus dem Weltcup-Team gerutscht war, ist der erfolgreiche Olympionike aus dem Jahr 2022 nun wieder im A-Kader dabei und kämpft um Startplätze im Weltcup und bei den Winterspielen. Nach einer brutal heißen Trainingseinheit am Passo di Lavazè erzählt Christiansen uns von seiner Montagsroutine, seinem penibel organisierten Alltag und seiner Uhrensammlung.
Biathlonworld: Wann stehst du montags auf und was machst du als Erstes nach dem Aufstehen?
Vetle Sjaastad Christiansen: Montage sind für uns nichts Besonderes. Im Grunde ist jeder Tag Wochenende, und jedes Wochenende Alltag, also ist Montag nur ein Tag wie jeder andere. Ich stehe normalerweise um halb acht auf. Ich schlafe gern länger und früher kann ich nicht aufstehen, ohne dass es anstrengend wird. Als Erstes mache ich Kaffee und Haferbrei zum Frühstück.
BW: Was ist die erste App, die du auf deinem Handy aufmachst?
VSC: Instagram, leider. Ich habe mir verkniffen, TikTok herunterzuladen, sonst würde ich nur noch scrollen! Es ist Instagram, und das ist keine gute Antwort!
BW: Wie sieht ein perfektes Frühstück für dich aus?
VSC: Schwarzer Kaffee, Haferbrei und ein paar Scheiben Brot. Dale-Skjevdal und ich habe letztes Jahr die gleiche Kaffeemaschine gekauft und haben jetzt beide richtig guten Kaffee.
BW: Gehören Dehnübungen, Yoga oder Joggen zu deiner Morgenroutine?
VSC: Nein, es geht einfach nur ums Wachwerden. Ich dehne mich gern auch ein bisschen, aber das mache ich abends und hoffe, dass es bis morgens wirkt. Ich werfe mir einfach eine Handvoll kaltes Wasser ins Gesicht, um wirklich wach zu werden.
BW: Siehst du dich als Perfektionisten, wenn es ums Training geht?
VSC: Ja, absolut. Ich habe einen total durchorganisierten Alltag. Wie viele Profi-Sportler bin ich in jedem Lebensbereich Perfektionist. Man will alles so perfekt wie möglich machen, weiß aber nicht genau, wie es perfekt wäre. Man muss einfach ein bisschen raten und hoffen, dass es passt.
Ich versuche, alles perfekt durchzuorganisieren. Mein Kleiderschrank ist nach Farben sortiert: Pullis, T-Shirts, Polo-Shirts. Meine Wohnung ist sehr, sehr sauber. Wenn ich im Trainingslager bin, schaltet mein Kopf auf Pause und mein Zimmer ist ein einziges Chaos.
BW: Bist du furchtlos?
VSC: Das würde ich so sagen. Ich habe zumindest keine Angst, Fehler zu machen oder zu sagen, dass ich gewinnen will. Das ist eine gute Beschreibung von Furchtlosigkeit.
BW: Was machst du abends, um dich zu entspannen?
VSC: Ich entspanne mich sehr gern in der Sauna. Zuhause habe ich eine mobile Infrarot-Sauna. Im Trainingslager haben wir eine richtige Sauna, also endet die zweite Trainingseinheit immer mit einer halben Stunde in der Sauna und natürlich viel Wasser. Ich schaue nicht gerne Serien, sondern lieber Filme, weil die an einem Abend zu Ende sind.
Mich interessiert auch Wirtschaft sehr, ich handle auch mit Aktien bin bei ein paar anderen Unternehmen involviert, also bin ich immer beschäftigt.
BW: Was ist das Härteste am Leben als Profi-Biathlet?
VSC: Es gibt so viele Aspekte, die man fast perfekt beherrschen muss: Kondition, Schießen, wo sind meine Schwächen, an was muss ich arbeiten? Man kann sich nie sicher sein, dass die Antwort gut genug ist. Man muss an sich glauben, viel nachdenken, das Beste hoffen und seine Stärken und Schwächen kennen.
BW: Was ist die größte Herausforderung, die du als Athlet gemeistert hast?
VSC: Sich selbst immer mehr abzuverlangen ist nicht der richtige Ansatz: mehr Leistung durch mehr Training. Es ist eher: mehr Leistung mit durchdachterem Training. Das kann schwierig sein. Man muss sehr stark sein, um sich zu trauen, Pausen einzulegen, sich zu trauen herauszufinden, was für den eigenen Körper richtig ist. Das habe ich mit Mitte Zwanzig verstanden, und dann bin ich richtig gut geworden. Aber das war schwierig.
BW: Was ist deine größte Schwäche, auf was kannst du gar nicht verzichten?
VSC: Keine Sache, sondern eher die Freunde, die keine Biathleten sind. Es ist gut, Freunde mit einer anderen Perspektive zu haben, vor allem in den schwierigen Zeiten. Das ist wichtig im Leben, dass man ein paar Freunde hat, die anders denken.
BW: Was ist dein wertvollster Besitz?
VSC: Ich mag Armbanduhren und habe auch eine Sammlung. Ich trage sie gern, reinige sie und stelle sie richtig. Ich sammle gern Dinge, und wenn ich mal anfange, gehe ich ganz darin auf und dann ist das Geld weg.
BW: Welches Projekt willst du zuhause noch angehen, bevor die neue Saison beginnt?
VSC: Ich habe vor sechs Jahren eine neue Wohnung gekauft, da ist also fast alles fertig. Ich sammle auch Kunst. Im Frühjahr habe ich die Bilder umgehängt, und an der einen Stelle muss ich jetzt noch streichen, wo ein Bild hing. Das ist jetzt schon seit vier Monaten so, es wird also langsam Zeit!
Fotos: IBU/Nordic Focus, Jerry Kokesh