Trainer im Fokus: Auf zu einer neuen Olympiade

Die Winterspiele 2022 in Peking verschwimmen langsam im Rückspiegel, und so richten alle Teams den Blick nun fest auf Mailand-Cortina 2026. Im Frühjahr und Sommer war Zeit, zu analysieren, sich neu aufzustellen und einen neuen langfristigen Plan zu entwickeln. Auch wenn die Ziele ähnlich sind, gehen jede Mannschaft und jeder Trainer jede Olympiade anders an.

Norwegen, Frankreich und Schweden waren in Peking mit vierzehn, sieben und vier Medaillen am erfolgreichsten. Wir sprachen mit Sweden’s Johannes Lukas: Insights on a Successful Season (biathlonworld.com) while Siegfried Mazet and Stephane Bouthiaux spoke at the highly attended IBU Coach Webinar “Olympic Cycle: Milano-Cortina 2026” Anfang September zu Wort kamen.

Norwegen: Daten erfassen

Norwegens Schießguru Mazet erläuterte seine Ideen für einen Vierjahresplan hin zu den nächsten Winterspielen basierend auf den Erfahrungen von Peking. „Wir haben uns in den vier Jahren vor Peking auf die Winterspiele konzentriert und Daten erfasst, die uns bei der Planung helfen können, weil wir wussten, dass in Peking die Höhe, der Wind und der trockene Schnee Faktoren sein würden. Dass waren Anhaltspunkte dafür, woran wir in den vier Jahren arbeiten müssen, um bereit zu sein. Basierend darauf haben wir die mittelfristigen Ziele gesetzt, die wir bei den Weltmeisterschaften erreichen wollten.“

Emotionen beherrschen

Mazet fügt im Hinblick auf die Arbeit mit den Elite-Athlet*innen hinzu: „Das Wichtigste bei denen, die um Goldmedaillen oder Podestplätze mitlaufen, ist wie sie bei Winterspielen und Weltmeisterschaften abschneiden. Sie haben die technischen Fähigkeiten, da geht es nur darum, dass manchmal ein oder zwei Schuss danebengehen. Langfristig arbeiten wir vor allem daran, dass sie ihre Emotionen beherrschen können. Wir beobachten seit Jahre bei Winterspielen und WMs, dass wenn Athletinnen und Athleten nach drei Schießen bei 0/15 liegen, sie schon wissen, dass sie kämpfen müssen und sich entsprechend verhalten müssten. Da geht es nicht mehr um Technik. Sie müssen ihre Gefühle beherrschen, weil ein WM-Titel oder ein Olympiasieg auf dem Spiel steht. Darauf basiert der Vierjahresplan, kombiniert natürlich mit dem rein körperlichen Training. Und auch das Schießen lässt sich von den körperlichen Aspekten nicht trennen. Wenn wir da die Ziele kennen, können wir detaillierter planen, was nötig ist, um unsere mittelfristigen Ziele zu erreichen.“

Französische Konstanz und Ruhe

Der französische Ansatz ist mit Blick zurück auf Peking und Blick voraus auf Antholz 2026 von Konstanz geprägt. „Wir haben uns auf die Olympiasaison wie auf eine „normale“ Saison vorbereitet, mit dem Ziel, zu Saisonbeginn in guter, aber noch nicht in Topform zu sein. Das, damit die Athletinnen und Athleten bei den Winterspielen dann 100 % ihrer Leistung abrufen können. Daran haben wir unser Trainingsprogramm ausgerichtet. Wir bereiten uns nicht auf die Höhe vor, sondern akklimatisieren uns über einen langen Zeitraum.“ (Vor Peking 83 Tage in Trainingslagern, davon 33 um 1800 Meter und die verbleibenden zwischen 800 und 1200 Metern, eine gemäßigte Akklimatisierung.)

Bouthiaux hatte trotz einem Schwerpunkt auf Konstanz kein Problem damit, das Programm in diesem Frühjahr an die Olympia-Planung anzupassen. „Nach diesen zwei sehr harten Wintern mit Corona und Peking haben wir beschlossen, dass die Athletinnen und Athleten in diesem Jahr mehr Zeit für Erholung brauchen und sind erst später als sonst, Mitte Juni, in die Trainingslager eingestiegen. Ich glaube, damit waren alle zufrieden.“

Umstrukturieren und optimieren

Diese kleine Veränderung war Teil der notwendigen post-olympischen Bestandsaufnahme. „Nach den Winterspielen muss man eine Bestandsaufnahme machen, umstrukturieren und das System optimieren. Vor Peking gab es einen Trainerwechsel im A-Kader der Männer.“ Bei den französischen Frauen hat es in diesem Jahr einen Trainerwechsel gegeben, und für die nächste Olympiade steht nun Cyril Burdet am Ruder. „Der Grund dafür war, dass wir eine neue Stimme ins Team holen wollten, unsere Methoden weiterentwickeln wollten, um gleichzeitig einige der anderen Trainerinnen und Trainer in den unteren Mannschaften einsetzen zu können und dort eine neue Generation zu motivieren. Auch wenn wir einen neuen Trainer haben, bleiben die Methoden weitgehend gleich, aber aufgrund der individuellen Persönlichkeit der Trainer ist es natürlich immer etwas anders. Es scheint wichtig, so etwas nach jeder Olympiade zu machen, um nicht in einen Alltagstrott zu verfallen, der unweigerlich zu schlechteren Ergebnissen führt.“

Der Olympionike von 1994 und ehemalige Männertrainer bekräftigte den konservativen französischen Ansatz mit einem ganz einfachen Ratschlag. „In einem Olympia-Jahr muss man ruhig bleiben. Nicht experimentieren oder außergewöhnliche Dinge tun. Sich seiner Trainingsmethode sicher sein. Wir haben versucht, außergewöhnliche Dinge zu tun, um besser zu werden, und das hat nie funktioniert.“

Schweden „bleibt hungrig“

„Die Herausforderung für Schweden nach vier Medaillen in Peking ist, den nächsten Schritt zu gehen, um zu Norwegen und Frankreich aufzuschließen, die Dynamik zu erhalten und in 2026 noch besser abzuschneiden.“

Das sagte Trainer Johannes Lukas beim Zusammensitzen mit seinem Team nach ihrer bislang besten Saison für „die bislang härteste Analyse. Ich habe die Athletinnen und Athleten in unserem ersten Trainingslager der Saison auch gefragt: ‚Sind wir zufrieden, wollen wir mehr, ist es leicht, noch mehr herauszuholen?‘ Vielleicht kommt das, weil ich noch jung bin, aber ich bin jedenfalls noch hungrig und den anderen ging es auch so.“ Mit Blick auf den Nationencup sagt er: „Natürlich waren wir da Zweite, aber ich will den gewinnen ... Fünfte bei den Männern, da wollen wir in die Top drei. Unser klares Ziel ist, die Weltcup-Gesamtwertung zu gewinnen, bei den Männern oder bei den Frauen. Wir sind als Nation richtig gut, aber das Ziel ist, an die Spitze zu gelangen. Das sind große Ziele, aber die braucht man, um sich weiterzuentwickeln. Der Sieg im Gesamtweltcup ist ein großer Traum für viele Athletinnen und Athleten, aber wir haben in dieser Saison begriffen, dass das möglich ist, obwohl wir nicht bei jedem Weltcup angetreten sind.“

„Müssen besser werden“

So weiterzumachen wie bisher und den erfolgreichen Plan einfach zu wiederholen, das ist für die schwedische Mannschaft keine Option. „Für die Betreuer ist es natürlich einfach, sich zu sagen: ‚Noch mal vier Jahre, da machen wir noch mal grob das Gleiche, dann wird das schon...‘ Das stimmt aber nicht. Da gibt es so viele Details beim Schießen, bei den Erholungsphasen und in anderen Bereichen... Wir können nicht einfach so weitermachen, wir müssen besser werden.“

Der Plan für 2026

Mit Blick auf 2026 sagt er: „Unser Plan wird auf der Höhe basieren (da die Spiele in Antholz sind). Das ist für Schweden immer eine Herausforderung, weil unsere Athletinnen und Athleten nicht auf der Höhe leben. Wir sind mit einem neuen Höhen-Block in das Jahr gestartet (Antholz und Pass Lavazè), haben mehr Tests laufen lassen, um mehr individuelle Analysedaten zu haben und das für nächstes Jahr weiterzuentwickeln. Nach zwei Jahren machen wir dann einen Schnitt, schauen, was gut funktioniert hat und machen dann einen Plan für die letzten zwei Jahre. Im Plan für die letzten zwei Jahre könnten es dann mehr Trainingslager sein, oder mehr Einzel-Trainingslager auf der Höhe, das hängt dann davon ab, was optimal ist.“

Wir haben die zwei Jahre in zwei Blöcke eingeteilt. Wir sind zum Beispiel bei der SBWM angetreten, das haben wir vorher noch nie gemacht. Im August haben wir für einen Leistungspeak im Sommer mehr Intensität trainiert, dann mit niedriger Intensität auf der Höhe und dann die Intensität wieder gesteigert, mal was Neues ausprobiert. Wir versuchen, nicht gleich alles zu ändern, sondern kleine Dinge zu ändern, die den erfahrenen Athletinnen und Athleten helfen, kleine Fortschritte zu machen, das brauchen wir.“

Auch wenn jede Mannschaft einen anderen Ansatz für die nächsten Winterspiele fährt, haben sie doch alle eines gemein: Wer bei Olympia erfolgreich sein will, der braucht ein gutes Auge für die Details.

Fotos: IBU/Christian Manzoni, Nordic Focus, Svensk Skidskytte

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