Hartweg vs Giacomel: Showdown in Oslo

Im Kampf um den Gesamtsieg in der Nachwuchswertung der besten Athleten unter 25 reisten Tommaso Giacomel und Niklas Hartweg mit unterschiedlichen Voraussetzungen nach Oslo. Während der Italiener nach dem ersten Podium seiner Karriere in Östersund auf Wolke sieben schwebte und in der Wertung ums blaue Trikot 31 Zähler vor seinem Schweizer Rivalen lag, fühlte sich dieser ausgelaugt und war mit seinem Abschneiden in Schweden alles andere als zufrieden. Doch beim großen Saisonfinale am Holmenkollen mit Sprint, Verfolgung und Massenstart waren noch genügend Wertungspunkte zu vergeben.

Hartweg auf den Punkt in Top-Form

Niklas Hartweg fühlte sich vor Oslo derart aus der Spur, dass er vor dem Sprint sogar aufs Lauftraining verzichtete, was für ihn völlig ungewöhnlich ist.

„Ich brauche viel und regelmäßiges Skitraining, damit ich gut in Form bin. Doch mein Körper schrie nach einer Pause. Also habe ich auf ihn gehört“, so der Schweizer.

Giacomel beendete das Rennen als 14. Er verfehlte eine Scheibe und verbuchte die neuntschnellste Laufzeit. Hartweg traf zwar alle zehn Scheiben, lag läuferisch allerdings eine gute Minute hinter dem Italiener (53. Laufzeit), sodass am Ende nur Rang 32 für ihn heraussprang.

„Der Akku ist leer. Nichts geht mehr.“, postete Hartweg nach dem Sprint auf Instagram. Bei noch zwei ausstehenden Rennen baute Giacomel seine Führung auf 49 Zähler aus.

Bei zunehmend schwierigeren Bedingungen fand Hartweg in der Verfolgung jedoch zu sich zurück. Er brachte alle 20 Patronen sicher ins Ziel und hatte die schnellste Schießzeit. Zudem lag er läuferisch nur knapp hinter Giacomel, der die zehntbeste Laufzeit verbuchte. Mit der schnellsten Gesamtzeit im Verfolger kletterte der Schweizer von Startplatz 32 auf Rang 6 nach vorn. Giacomel beendete das Rennen mit zwei Fehlern auf Rang elf und schien noch immer alles unter Kontrolle zu haben. Vor dem Massenstart betrug sein Vorsprung auf Hartweg 39 Punkte.

Damit sollte ihm das blaue Trikot nicht mehr zu nehmen sein.

Oder?

Im Massenstart konnte Hartweg seine Leistung aus der Verfolgung wiederholen. Er traf abermals alle 20 Scheiben und wurde Zweiter hinter dem unschlagbaren JT Bø. Giacomel hatte hingegen einen schlechten Tag am Schießstand und ließ gleich fünf Ziele stehen. Während sich Hartweg 75 Punkte holte, waren es beim Italiener nur deren 20, sodass der Schweizer die Gesamtwertung des besten Nachwuchsathleten mit 16 Zählern Vorsprung doch noch gewinnen sollte.

Wie konnte das geschehen?

In Oslo lag Giacomels Laufzeit im Schnitt 65 Sekunden hinter der des Laufbesten. Damit war der Italiener fünf Sekunden langsamer als sein Saisonmittel von +60 Sekunden. Hartweg lief durchschnittlich 73 Sekunden langsamer als der Tagesschnellste, womit er 21 Sekunden besser als sein Saisonmittel von +94 Sekunden war. Hartweg landete eine Trefferquote von 100 %, womit er 6 % über seinem Saisonschnitt von 93,9 % lag. Giacomel traf 90 % aller Ziele in Sprint und Verfolgung, womit er 8 % über seinem Saisonschnitt von 81,9 % lag. Doch im Massenstart fiel die Quote auf 75 % zurück. Fünf Strafrunden waren für den Italiener letztlich eine zu große Hypothek.

1. Trimester an Hartweg, 2.+3. Trimester an Giacomel

Am Ende der Saison 2022/23 hatte Hartweg 608 Punkte auf seinem Konto, Giacomel deren 592. Die Analyse der einzelnen Trimester verdeutlicht, dass Hartweg 218 Punkte im ersten Trimester verbuchte und damit 66 mehr als Giacomel (152). Der Italiener sammelte hingegen 216 Zähler im zweiten Trimester und damit 41 mehr als sein Schweizer Kontrahent. Nach Antholz-Anterselva stand Hartweg bei 393 Zählern gegenüber Giacomels 368. Im dritten Trimester holte Giacomel 224 Punkte und damit neun mehr als Hartweg (215).

Doch der Schweizer hob sich seine Bestleistung fürs Finale auf: In Oslo war er sowohl läuferisch als auch am Schießstand besser als sein Saisondurchschnitt. Wie ein großer Champion zeigte er sich in Top-Verfassung, als es darauf ankam. Allein in Norwegen sammelte Hartweg 199 Weltcup-Punkte, und Giacomel eben nur deren 77.

Foto: IBU Photopool

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