Wir stellen vor: Emilien Claude

Der Franzose Emilien Claude und die Schweizerin Amy Baserga waren die herausragenden Athleten bei den diesjährigen IBU-Weltmeisterschafen der Jugend und Junioren in Obertilliach. Vor der heißen Vorbereitungsphase auf die neue Saison konzentriert sich Claude nun auf den nächsten Schritt in seiner Karriere: Er möchte sich im BMW IBU-Weltcup etablieren und mit etwas Glück vielleicht sogar ein Ticket zu den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking ergattern.

Wahrer Überflieger

Emilien Claude ist gerade 22 Jahre alt geworden. Doch schon jetzt kann der junge Biathlet auf einen reichen Erfahrungsschatz zurückgreifen, den er sich in den letzten Saisons angeeignet hat. Diese Erfahrungen sollen nun der Grundstein für eine erfolgreiche Zukunft sein. Im Winter 2015/16 bestritt Emilien Claude seine erste internationale Saison und sicherte sich nach fehlerfreiem Schießen gleich den Titel bei den Olympischen Jugend-Winterspielen. Seitdem gilt er als wahrer Überflieger. Im Jahr darauf gewann der Franzose Gold in Sprint und Verfolgung bei den IBU-Weltmeisterschafen der Jugend und Junioren in Brezno Osrblie. Bei den Nachwuchstitelkämpfen 2021 sicherte er sich gleich drei Goldmedaillen und einmal Bronze. Damit untermauerte der jüngste der Claude-Brüder, dass er alles mitbringt, um es ganz nach oben zu schaffen.

Claudes Gold-Geheimnis: „Es ist nur ein weiteres Biathlon-Rennen“

Claude fuhr mit dem Ziel nach Obertilliach, bei seiner letzten Nachwuchs-WM noch einmal groß aufzutrumpfen. Am Ende durfte er sich über je eine Goldmedaille im Sprint, in der Verfolgung und in der Männerstaffel freuen. Dabei nahm er viele Erkenntnisse für seine weitere Karriere mit: „Ich habe gelernt, was es heißt, sein Bestes im Biathlon zu geben. Es geht darum, in jedem Rennen das Beste aus sich herauszuholen und dann zu versuchen, noch besser zu werden. Gleich bei meinem ersten Start, dem Einzel über 15 km, gewann ich Bronze. Darüber habe ich mich sehr gefreut, aber ich habe den Fokus auch weiter hochgehalten. Mein großes Ziel war es, ein Rennen zu gewinnen, am besten den Sprint. Am Wettkampftag hatte ich ein paar Probleme, mich auf das Rennen zu konzentrieren, alles war sehr stressig. Beim Aufwärmen konnte ich mich etwas sammeln und den Fokus darauf richten, mein Bestes zu geben. Schließlich war es nur ein weiteres Biathlon-Rennen. Ich habe mir gesagt, ich muss nur einmal liegend und einmal stehend schießen und drei Runden laufen. Das hat funktioniert. Ich habe wahrscheinlich mein bestes Rennen abgeliefert – und das beim Saisonhöhepunkt. Ich war sehr stolz auf meine Leistung, wollte dann aber auch die Verfolgung und die Staffel gewinnen.“

„Konzentriert mein Rennen laufen“

Die zweite wichtige Erkenntnis, die Claude von der WM mitbrachte, war der Fokus aufs Wesentliche. Wenn es im Wettkampf um jeden Millimeter am Schießstand und jede Zehntel auf der Strecke geht, kann mangelnder Fokus zwischen Sieg oder Niederlage entscheiden. „Ich habe gelernt, dass ich einfach mein Rennen laufen muss. Ich darf mich auch über mein Ergebnis freuen, muss den Fokus dann allerdings auf den nächsten Wettkampf richten und die Konzentration hochhalten. Ich habe mir vorgestellt, es sei einfach ein weiteres Biathlon-Rennen. Früher wäre mir das nicht in den Sinn gekommen. Ich war häufig in Medaillenform, hatte dann aber immer ein bisschen an Energie verloren – sei es beim Aufwärmen oder auf der Strecke – oder leistete mir ein, zwei Fehlschüsse. Meine Gedanken drehten sich immer um etwas anderes.“

Rennen für Rennen

In seiner Zeit als Junior sammelte Claude bei 41 Starts im IBU-Cup viel Erfahrung. Letzte Saison durfte er dann sieben Mal im BMW IBU-Weltcup antreten, wo er sein Level noch einmal auf eine neue Ebene heben konnte. Seine Erfahrung bei der Elite war aufgrund der Pandemie jedoch etwas anders als erwartet: „Im Weltcup habe ich gelernt, von Rennen zu Rennen zu schauen und mich nur auf meinen Job zu konzentrieren. Meine Weltcup-Starts im Januar vor der Junioren-WM waren eine große Sache für mich. Ich habe erfahren, wie sich die Vorbereitung direkt auf das Ergebnis auswirkt. Das war wirklich etwas anderes. Aber ich habe den Weltcup nur auf der Strecke kennengelernt. Mir fehlt noch die Erfahrung mit voll besetzten Rängen und jubelnden Fans an der Loipe. So war es wie im IBU-Cup – nur auf einem deutlich anderen Level. Ohne Zuschauer ist es zwar immer noch Biathlon, aber es fehlt schon das Salz in der Suppe.“

Zwischen Weltcup und Olympiatraum

Auf die fehlenden Zuschauer angesprochen, glaubt Claude, dass die neue Saison mit Aussicht auf volle Tribünen ihn nochmals auf ein anderes Level bringen könnte. Er hofft, seine bisherige Bestleistung (Rang 33) deutlich zu verbessern: „Ja, das hoffe ich. Ich trainiere jeden Tag sehr hart, um im Weltcup vor all den fantastischen Fans an den Start zu gehen. Ich hoffe, sie nächstes Jahr in Annecy erleben zu dürfen. Das ist mein großes Ziel für die kommende Saison. Natürlich hoffe ich auch ein bisschen, bei Olympia dabei zu sein und die ganz besondere Atmosphäre zu genießen.“

Kleine Stellschrauben

Neben diesen beiden großen Zielen versucht der dreifache Junioren-WM-Goldmedaillengewinner, sich in diesem Sommer auf allen Ebenen zu verbessern. Übertreiben will er es dabei jedoch nicht. Obwohl er in seiner internationalen Karriere bereits fünfzehn Mal fehlerfrei geblieben ist, weiß Claude, dass er noch einige Luft nach oben hat. „Jeder versucht, schneller und besser zu schießen und sich läuferisch zu verbessern. Ich versuche, an einigen Stellschrauben beim Liegend- und Stehendschießen zu drehen. Am Ende geht es darum, in den Rennen eine Patrone mehr ins Ziel zu bringen.“

„Mit schnellen Leuten trainieren“

Die zweite Aufgabe besteht für Emilien Claude in diesem Sommer darin, sich in der Loipe zu verbessern. Dabei hat er starke Trainingspartner an seiner Seite. Er geht die Sache jedoch vorsichtig an, weil er weiß, dass Medaillen nicht im Training vergeben werden. „Ich möchte meine Lauftechnik ein bisschen verbessern. Alles, was bisher gut funktioniert hat, werde ich aber nicht groß ändern. Schließlich gehen wir in eine Olympiasaison. Daher werde ich nur hier und da kleine Veränderungen vornehmen, um vielleicht 20 oder 30 Sekunden herauszuholen. Mit Leuten wie Emilien Jacquelin, Quentin Fillon Maillet oder meinen beiden Brüdern zu trainieren, ist natürlich von Vorteil. Sie sind die besten Athleten weit und breit – abgesehen von den Norwegern vielleicht. Dadurch kann ich mich immer weiter verbessern. Doch es kann auch gefährlich sein, zu viele schnelle Trainingseinheiten zu absolvieren. Das ist ein großes Risiko, das ich nicht eingehen werde. Aber ich will mich nicht beschweren, dass ich mit diesen schnellen Topleuten trainieren darf.“

Photos: IBU/ Christian Manzoni, Bjorn Reichert

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