Frankreichs Coach Simon Fourcade über Comebacks, das Team und Antholz

Simon Fourcade wurde im Frühjahr 2023 Cheftrainer der französischen Männer. Dabei liefen seine Schützlinge erst im dritten Trimester der Saison 2023/24 aufs Podium. Doch seine talentierte Mannschaft legte im vergangenen Winter den Schalter um und feierte zahlreiche Einzelsiege, Eric Perrots WM-Gold sowie jeweils den ersten Platz in der Staffel- und in der Nationenwertung im BMW IBU-Weltcup.

This week, Fourcade discussed confidence, team success and the Olympic competitions at Antholz.

In dieser Woche sprach Frankreichs Chefcoach mit uns über Selbstvertrauen, Teamerfolg und die anstehenden Olympischen Wettbewerbe in Antholz.

Biathlonworld: Wie zufriedenstellend war die Saison 2024/25, nachdem die Ergebnisse im Jahr zuvor eher durchwachsen ausfielen?

Simon Fourcade: Die erste Saison war ziemlich schwierig. Ich wusste zwar, dass ich richtig gute und talentierte Jungs im Team hatte, doch es gab ein paar Probleme mit den früheren Trainerteam und deshalb einige Vorbehalte. Ich bin ohne große Erwartungen an die Sache herangegangen und hatte das Gefühl, dass sie ein wenig Zeit brauchten, um sich auf die Arbeit mit Jean-Pierre Amat und mir einzustellen. Mir war klar, dass etwas Geduld gefragt war. Doch im Januar hatten wir noch immer kein Podium vorzuweisen. Das hat mich als Trainer schon etwas gewurmt. Aber im letzten Trimester sind die Ergebnisse dann besser geworden und im Sprint von Soldier Hollow feierten wir einen Doppelsieg. Das hat uns natürlich viel Selbstvertrauen für die Saisonvorbereitung 2024/25 gegeben.

Im letzten Winter wollte ich eine offensivere Strategie fahren. Wir haben die intensiven Einheiten gegenüber dem Vorjahr fast um ein Viertel erhöht. Selbstvertrauen spielt im Biathlon eine große Rolle und wir sind den ganzen Winter über auf einer kleinen Erfolgswelle geschwommen. Erst hatte ich Angst, dass wir zu gut starten und dann einbrechen, aber das ist nicht eingetreten. Wenn du mit Top-Ergebnissen in die Saison startest, hast du gegenüber der Konkurrenz einen mentalen Vorteil. Das haben wir ganz gut genutzt. Wir konnten erstmals den Nationencup gewinnen und hatten im Weltcup zahlreiche Athleten in den Top Ten. Das hat mich wirklich glücklich und zufrieden gemacht. Unbedingt hervorheben möchte ich unser Serviceteam, das einen sehr guten Job gemacht und nach 2023/24 einiges verändert hat. Unser Material war die ganze Saison über super.

BW: Eric Perrot war schon lange ein Hoffnungsträger. War seine gute Saison, die mit dem WM-Gold in Lenzerheide gekrönt wurde, in dieser Form abzusehen?

SF: Ich hatte keine übermäßigen Erwartungen. Ich habe gedacht, eine Medaille wäre wirklich schön. Seine Leistung in der Verfolgung, als er sich mit der schnellsten Laufzeit vom 15. auf den 3. Platz nach vorn kämpfte, war wirklich bemerkenswert. Eric ist auch ein besonderer Mensch. Vor der WM hat er gesagt, dass er Gold gewinnen will. Daher war mir klar, dass er sich nicht mit Bronze zufriedengeben würde. Er bleibt ziemlich cool, hat seine Nerven voll im Griff und beeindruckt das Team jedes Jahr ein bisschen mehr. Mal sehen, wie der nächste Schritt bei ihm aussieht. Olympia könnte ganz gut passen.

BW: Quentin Fillon Maillet feierte in der vergangenen Saison mit vier WM-Medaillen und Platz 5 in der Gesamtwertung im BMW IBU-Weltcup ein großartiges Comeback. War dieser Leistungsschub abzusehen?

SF: In gewisser Weise schon, wenngleich nicht auf diesem Level. Quentin hat mir im Rückblick gesagt, dass er im letzten Winter läuferisch die beste Saison seiner Karriere hatte. Nur am Schießstand haben einige Prozentpunkte gefehlt. Er weiß genau, was er will, und tut alles, um es zu erreichen. Manchmal will er es zu sehr erzwingen. Das Wichtigste war, ihm klarzumachen, dass er bereits unzählige Jahre trainiert hat und es manchmal auch etwas ruhiger angehen lassen sollte. Er soll auf sich vertrauen, die intensiveren Einheiten mit Bedacht wählen und wenn ich ihm sage, dass er in den nächsten Tagen eine Pause einlegen soll, versteht er es mittlerweile auch.

BW: Was bedeutet die Rückkehr von Emilien Claude und Antonin Guigonnat für das Team?

SF: Nach ihren Ergebnissen im letzten Winter liegt es auf der Hand, dass ihre Rückkehr in den A-Kader berechtigt war. Antonin hat das gewisse Etwas. Neben seinen Ergebnissen sorgt er für einen guten Teamgeist und weiß, wie man den Druck nicht zu groß werden lässt. Er ist gern unter Leuten und wichtig fürs Teamgefüge.

Für Emilien und Antonin war der Schritt zurück ins B-Team vielleicht sogar ganz gut. Zwar war es hart für sie, aber es hat ihnen auch gezeigt, dass einem nichts geschenkt wird.

BW: Was bedeuten die Siege in der Staffel- sowie in der Nationenwertung?

SF: Diese beiden Erfolge waren für uns etwas Besonderes, wenn man bedenkt, wie stark unsere Konkurrenz war, vor allem Norwegen. Manche Teams haben einen Dominator. Mein Ziel ist es eher, alle aus der Mannschaft im Vorderfeld zu platzieren. Wenn einer meiner Athleten die Gesamtwertung gewinnen würde, wäre ich aus dem Häuschen. Aber die Erfolge in der Staffel- und Nationenwertung sind für mich noch bedeutsamer als das Gelbe Trikot.

BW: Wo steht die Mannschaft im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2026?

SF: Wir haben in jedem Fall eine gute Ausgangsposition. Die Herausforderung besteht darin, den Jungs mit auf den Weg zu geben, dass wir keinen Schritt auslassen dürfen. Wir müssen weiter hart arbeiten, damit unsere Ergebnisse in der neuen Saison ähnlich gut wie im letzten Winter ausfallen. Doch meine Jungs sind intelligent genug und wissen das selbst. Meine Aufgabe ist es eher, sie gelegentlich auch mal zu bremsen. Zusätzliche Motivation brauchen sie nicht. Meine Athleten sind sich bewusst, dass sie in der Loipe und am Schießstand die Besten sein können. Nun wollen wir uns optimal auf Antholz vorbereiten. Frankreich hat in Südtirol meist gut abgeschnitten. Diese Erfolgsgeschichte wollen wir fortschreiben.

Fotos: IBU/Christian Manzoni, Nordic Focus

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