Italiens neuer Star: Tommaso Giacomel

Tommaso Giacomel steht kurz vor seiner fünften BMW IBU Weltcupsaison und ist einer der aufgehenden Sterne am Biathlonhimmel, die es im Vorlauf der Olympischen Winterspiele 2026 in Milano-Cortina zu beachten gilt.

Durchbruch

Giacomel schaffte in der vergangenen Saison seinen Durchbruch und konnte endlich ein Ziel auf seiner Liste abhaken: Bei seinen zweiten IBU Weltmeisterschaften war er Schlussläufer der italienischen Mixed-Staffel und holte Silber, nur 11,6 Sekunden hinter den dominierenden Norwegern. Danach tat er sich für die Single-Mixed-Staffel mit Lisa Vittozzi zusammen und erkämpft trotz zweier Strafrunden auf seiner letzten Schleife noch Bronze. Doch damit war Giacomels Saison noch nicht vorbei. In Östersund standen die Sterne günstig, als er 19/20 schoss, die viertschnellste Laufzeit in den Schnee zauberte und Platz zwei im Einzel der Herren über 20 km belegte. Es war sein erster Podiumsplatz in einem Einzelrennen. Zum Saisonende hatte sich der Italiener von Platz 36 in der vergangenen Saison auf Rang 12 in der Weltcupgesamtwertung verbessert.

Rückblickend sagte er über seine grandiose Saison: „Es war wie Magie. Ich kenne den Grund nicht. Ich denke, ich habe eine gute Balance zwischen dem Laufen und dem Schießen gefunden. Und natürlich ist hartes Training der Schlüssel zum Erfolg… und ein bisschen Glück dazu.“

Trainerrat: „Genieß es“

Sein Durchbruch begann in der Verfolgung von Hochfilzen. Giacomel meinte dazu: „Ich habe mich gut gefühlt. Vorher habe ich immer schlecht geschossen, obwohl ich körperlich fit war. Aber nach dem Sprint war ich sehr selbstbewusst. Dann lief es in der Staffel gut (mit fehlerfreiem Schießen) und mit 18 von 20 hat man die Chance, ein tolles Rennen abzuliefern.“ Er erreichte damals Platz sechs und nahm zum ersten Mal an der Blumenzeremonie teil.

Doch der eigentliche Wendepunkt kam in Form eines guten Rats von seinem Trainer. „Er sprach mit mir nach Kontiolahti. Ich war gut gelaufen, hatte aber schlecht geschossen. Er wusste, es war ein Kopfproblem. Es lag nicht an meiner Technik oder an anderen Dingen. Am Tag vor unserer Reise nach Hochfilzen rief er mich zu sich und sagte: ‚Du musst es genießen. Du ziehst nicht in den Krieg. Biathlon sollte niemals in Stress ausarten.‘ Das eröffnete mir eine andere Sicht auf den Sport. Und wie heißt es so schön? Der Rest ist Geschichte.“

Die gesamte Saison über kämpfte Giacomel um das Blaue Trikot (U25) gegen Niklas Hartweg, der das Duell am Ende mit einem Vorsprung von 18 Punkten für sich entschied. „Es war schön, darin zu laufen, aber es war nicht mein Hauptziel. Ich habe mich eher auf Treppchenplätze und Medaillen konzentriert. Es zu gewinnen, wäre cool gewesen, aber ich bin deshalb nicht enttäuscht über meine Saison.“

Beständigkeit am Schießstand

Auch nach seinem Leistungssprung in der vergangenen Saison muss Giacomel noch an mehreren Dingen feilen, vor allen am Schießstand. „Es geht darum, wie ich ans Schießen herangehe. Letzte Saison habe ich viel Selbstvertrauen getankt. In den vergangenen Jahren habe ich viele Höhen und Tiefen erlebt, aber diesen Sommer waren meine Schießleistungen jeden Tag konstanter. Beständigkeit ist der Schlüssel… Ich habe in einem Sprint schon fehlerfrei geschossen, aber noch nicht bei vier Schießeinlagen. Das ist eins meiner kleinen Ziele.“

Der neue italienische Star gab zu, dass seine Leistungssteigerung mit einem Lernprozess einhergegangen ist. „Als Juniorenathlet habe ich mich nur auf Biathlon konzentriert. Das war falsch. Es gibt mehr als Biathlon im Leben. Jetzt versuche ich meine Freizeit mit anderen Dingen zu füllen. Wenn man nur an Biathlon denkt, erleidet man früher oder später einen Burnout.“

Ziele: Sieg und 2026

Den Podiumsplatz in einem IBU Weltcuprennen konnte er auf seiner Liste abhaken. Doch Giacomel hat noch mehr Ziele. Darunter einen Weltcupsieg. „Man will immer mehr. Es ist nicht leicht. Man muss entspannt bleiben und seinen Job machen. Ich liebe alle Wettkampfarten, aber wenn ich wählen könnte, würde ich meinen ersten Sieg gern in einer Verfolgung feiern. Dabei kämpft man gegen die 60 besten Athleten. Und ich würde es gern in Le Grand Bornand (obwohl 2024 keine Weltcupstation) oder Anterselva schaffen. Ich liebe die französischen Fans. Aber in Anterselva feuern mich alle an.“

Neben dem ersten Sieg hat Giacomel noch ein Langzeitziel für 2026. „Ich glaube nicht, dass ich vor 2026 einen Weltcupgesamtsieg schaffe. Aber eine Medaille bei den Olympischen Spielen wäre eine Erleichterung. Ich hoffe, danach Weltcupgesamtsieger zu werden. Und ich hoffe, dass Johannes (Boe) nicht aufhört, weil er die Rennen viel schwieriger macht.“

„Ich liebe Tennis“

Auch abseits des Biathlons spielt Sport eine große Rolle in Giacomels Leben. „Ich liebe Tennis. Ich habe die US Open verfolgt und habe mir dabei einige Nächte um die Ohren geschlagen! Es ist anders als Biathlon, aber nicht so viel. Mentale Stärke spielt dabei auch eine wichtige Rolle. Technisch gesehen können wir alle Null schießen. Beim Tennis hat jeder eine gute Vorhand, Rückhand und gute Aufschläge. Aber der Kopf ist entscheidend. Es zum richtigen Zeitpunkt auf die Reihe zu kriegen, ist entscheidend.“

„Leben ist mehr als Biathlon“

Neben essen, schlafen und trainieren „wohne ich jetzt mit meiner Freundin zusammen und habe viel Neues entdeckt. Zum Beispiel Spaziergänge mit dem Hund, Ausgehen mit Freunden, Kartenspielen. Es gibt so viele Dinge auf der Welt. Das Leben ist mehr als nur Biathlon.“

Tommaso Giacomel beschreibt sich selbst als „ruhig und entspannt“, gibt aber zu, dass er einen großen Fehler besitzt: „Ich bin sehr chaotisch in allem, außer Biathlon. Beim Biathlon bin ich organisiert, aber davon abgesehen völlig unorganisiert. Mein Freundin hasst das!“

Fotos: IBU/Christian Manzoni, Tommaso Giacomel, Jerry Kokesh

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