In Idre hat man wie in Geilo, Bessans, Kontiolahti und anderswo dicke Schichten gelagerten Schnees aufgefahren, damit hier auch schon Anfang November trainiert werden kann. Der schwedische Wettergott hatte leider andere Pläne: Seit Tagen hat es keinen Nachtfrost gegeben, also liegen zu Trainingsbeginn weiße Zungen weichen, nassen Schnees in braunem Gras und Schlamm.
Das letzte Trainingslager steht an, und die Zeit der kurzen Ärmel und schönen Sommertage ist endgültig vorbei. Die Heimmannschaft aus Schweden macht nur ein leichtes Training, zwei Stunden sind geplant. Trainer Johannes Lukas erklärt: „Heute machen wir Rennvorbereitung, kurz und intensiv, und bereiten uns auf Sprintrennen morgen vor.“ Zügig ziehen sie ihr Programm durch: Gut Aufwärmen, Anschießen unter dem wachsamen Blick der Schießtrainer Jean-Marc Chabloz und Johan Hagström, dann ein paar dynamische Stadionrunden und Schießeinlagen im Liegen und Stehen. Das Panorama ist nicht immer schön, Nebelschwaden ziehen durch das Stadion und lassen die Scheiben verschwinden, aber niemand macht viel Aufhebens darum. Man vertraut auf seinen Prozess.
An der Feuerlinie stehen Trainerinnen und Trainer aller Nationen auf Holzpaletten, um nicht im Schlamm zu versinken. Die Ukrainer mit der erfahrenen Trainerin Nadia Belova am Spektiv stehen gleich neben Schweden.
Aus dem Nebel tauchen Lisa Vittozzi und Lukas Hofer auf, die einzigen Vertreter der Italiener hier, die sich gerade warmgelaufen haben. Für sie ist des der zweite Tag von zwei Wochen in Schweden. Ihre Trainer filmen jedes Schießen, auch das ist Teil des Feinschliffs vor der bevorstehenden Saison. Es ist ein nasser, ungemütlicher Morgen. Hofer beendet eine harte Runde und seufzt „Meine Füße sind eingefroren“, bevor die zwei auf die nächste Runde gehen. Nach Jahren im dunklen Nordfinnland dürfen die deutschen Männer und Frauen minus Franziska Preuss jetzt Idre „genießen“. Zwischen dem Nachladen von Magazinen und Energieriegeln witzelt jemand, es sei fast wie Ruhpolding, eben „Rainpolding“.
Auch am nächsten Tag fühlt es sich immer noch wie „Rainpolding“ an, wenn auch ohne den gestrigen Nebel. Es ist Renntag: Der schwedische Weltcup- und IBU-Cup-Kader plus ein paar versprengte Deutsche und Bulgaren gehen in Sprints an den Start. Das perfekte Wachs an diesem trüben Morgen ist vermutlich das für sehr nassen Schnee und Pfützen.
Trotzdem ist es eine gute Gelegenheit, vor der Saisoneröffnung in Schweden nächste Woche noch mal Vollgas zu geben. Die erste Starterin Anna Magnusson ist so gut wie schon bei Loop One, sie bleibt ohne Fehler und wetzt wie wild über den nassen Schnee. Hanna Öberg, die einen harten Sommer hinter sich hat, legt sicher ihre zehn Scheiben um und wird Zweite. Martin Ponsiluoma trifft 10 von 10 Scheiben und pflügt kraftvoll durch den Matsch, für ihn sind es aber „nicht die besten Bedingungen“. Mit dem fehlerfreiem Schießen sichert er sich immerhin den ersten Platz vor Mannschaftskamerad Sebastian Samuelsson, der im Stehen einmal verschießt.
Nach dem Rennen ist es Zeit für Mittagessen, Pause, eine Nachmittagseinheit, und wieder ist ein Trainingstag abgehakt.
Die neue Saison steht vor der Tür, und es gilt das bekannte Mantra: trainieren, essen, schlafen, von vorn, bis es dann endlich für den Rest des Winters heißt: Wettkampf, essen schlafen, und von vorn.
Fotos: IBU/ Svenskt Skidskytte/Emma Hoglund, Jerry Kokesh