Fünf heiße Themen für die Herrenrennen bei der BMW IBU WM

Die BMW IBU Weltmeisterschaften 2023 stehen vor der Tür. Die Mixed-Staffel wird die 12-tägigen Biathlonfestspiele am Mittwoch eröffnen. Bei den Herren gab es in den ersten beiden Trimestern keine großen Überraschungen: Johannes Thingnes Boe und seine norwegischen Teamkollegen dominierten. Aber es gab auch noch anderes, wie die tollen Ergebnisse der 22-jährigen Tommaso Giacomel und Niklas Hartweg sowie die rechtzeitig vor der Heim-WM wiedererstarkte deutsche Herrenmannschaft. Wir haben fünf heiße Themen im Vorfeld der WM in Oberhof zusammengestellt.

1. Johannes „der unglaubliche Hulk“ Boe: Sprint-Verfolgungs-Doppel und die Norweger

Fangen wir mit dem Biathlonsuperhelden und seinen etwas menschlicheren Teamkollegen an. JT war unaufhaltsam: Er gewann elf von vierzehn Rennen und ist 2023 ungeschlagen. Er schießt selbstbewusst und läuft wie eine Rakete. Laut seinem älteren Bruder Tarjei ist „er (JT) in seiner eigenen Liga“, während Vetle Sjaastad Christiansen nach dem Überreichen der Hulk-Handschuhe sagte: „Er hat sich das Recht verdient, der echte Hulk zu sein“. Wenn sich nichts ändert, könnte JT seine Siegesserie fortsetzen.

Doch eine kleine Hürde steht ihm im Weg. Der Norwegier hat NIE ein Sprint-Verfolgungsdoppel bei einer IBU WM geschafft. Der letzte Athlet, dem das gelang, ist jener, dessen Rekorde JT jagt: Martin Fourcade. Fourcade gewann sowohl 2016 als auch 2012 das Doppel. Ole Einar Björndalen schaffte es sogar dreimal: 2005, 2007 und 2009. Emil Hegle Svendsen triumphierte doppelt im Jahr 2013. JT konnte sich viermal das Doppel aus Sprint und Verfolgung sichern. Nummer fünf bei den Weltmeisterschaften steht eindeutig auf seiner To-Do-Liste. Seine übliche Herangehensweise wird dafür reichen: Von Beginn an Gas geben, genauso schießen, Strafrunden herauslaufen und mehr Siege einfahren. JTs Oberhof-Mantra bleibt unverändert.

JTs Teamkollegen sind ebenfalls gut für einige Erfolge – allerdings auf Silber/Bronze-Niveau. Sturla Holm Laegreid, Vetle Sjaastad Christiansen, Tarjei Boe und Johannes Dale müssen am schwierigen Oberhofer Schießstand das Beste aus sich herausholen. Ein Fehler mehr als JT wirft sie auf dem vorderen Feld. Laegreid und Tarjei haben beide bereits in Oberhof gesiegt. Tarjei hat mehr Erfahrung, während Laegreid hofft, seine WM-Titel in Einzel und Massenstart auf Pokljuka verteidigen zu können. Christiansen und Dale haben drei Wochen in Antholz verbracht und sich auf Oberhof vorbereitet. Ihre neu gewonnene Stärke könnte zum entscheidenden Faktor bei der Medaillenjagd werden.

2. Action auf der Strecke

Am Schießstand in Oberhof bekommt niemand eine fehlerfreie Einlage geschenkt. Auch die Strecken von Oberhof sind schwierig. Am Ende jedes Weltcups schreien die Beine der Athleten nach Erholung. Jeder weiß genau, wie oft er den Birxsteig erklommen hat. Diese Strecken erfordern Technik und reine Kraft und Ausdauer. Außerhalb des Stadions lauert eine schwierige Abfahrt mit einigen Kurven, die Vorsicht und Geduld erfordern. Diese und jede andere Kurve auf der Strecke führt häufig zu Stürzen bei eisig glatten Bedingungen. Der Birxsteig, bekannt für begeisterte Fans, die den Athleten quasi ins Ohr jubeln, bringt alle Sportlerbeine zum Brennen. Danach wartet ein letzter kleiner Hügel vor dem Stadion, der der perfekte Ort für den letzten Angriff ist. Die lange, flache Zielgerade scheint leicht, aber man kann sich nicht ausruhen. Die Athleten müssen bis zum letzten Meter arbeiten. Es ist vielleicht die härteste Zieleinfahrt im ganzen Sport. Sie lässt keine Erholung zu und die Athleten dürfen sich keinen Fehler auf den letzten Metern erlauben.

Zu jenen, die diese Strecken bewältigen können, gehören (natürlich) JT, Martin Ponsiluoma, Tarjei, Emilien Jacquelin, Laegreid und Benedikt Doll.

3. Gefahr durch Außenseiter

Überraschungen sind Teil einer jeden Meisterschaft und diese wird keine Ausnahme bilden. Giacomel und Hartweg stehen ganz oben auf der Liste. Der Italiener ist sehr beständig: solide Leistungen auf der Strecke und am Schießstand, gerade gut genug, um zuzuschlagen, wenn andere Fehler machen. Hartweg stand in dieser Saison bereits auf dem Treppchen. Er muss sich auf seine exzellenten Schießkünste verlassen. Seine Stärke sind Rennen mit vier Schießeinlagen.

Emilien Jacquelin ist auf der Jagd nach seinem dritten IBU WM-Verfolgungstitel in Folge. Er könnte anderen die Suppe versalzen. Der enigmatische Jacquelin kam in Antholz immer besser in Form. Meisterschaften verleihen ihm Extrakräfte. Auch Ponsiluoma könnte die Norweger ärgern. Der Schwede würde gern zwei MW-Sprinttitel hintereinander gewinnen. Seine Laufleistung war die gesamte Saison über spitze. Ponsiluoma muss nur so schießen wie im Massenstart in Ruhpolding und in der Verfolgung in Antholz.

Neben dieser Gruppe kann natürlich auch JEDER ANDERE den Experten einen Strich durch die Rechnung machen.

4. Staffeln und Strafrunden

Die Norweger sind seit über einem Jahr in Staffeln ungeschlagen. Sie haben ein großartiges Team mit unglaublich vielen Talenten in der zweiten Reihe. Sie werden höchst wahrscheinlich gewinnen, doch sie sind nur Menschen und können Fehler machen. Deutschland und Frankreich werden bereit sein, in die Bresche zu springen, falls die Norweger wanken. Die deutschen Herren waren beständig und lagen in den vergangenen Staffeln immer auf Platz zwei oder drei. Sie schießen gut und mussten in Hochfilzen nur viermal nachladen. Doch sie können auch in der Strafrunde enden. Der Staffelerfolg des deutschen Quartetts hängt von einer ausgeglichenen Laufleistung und einem strafrundenfreien Schießen ab. Frankreich hat ebenfalls die Fähigkeit, Norwegen herauszufordern, doch dafür müssen zwei Dinge passieren: keine Strafrunden und Quentin Fillon Maillet muss ohne Nachlader zweimal Null schießen. Jacquelin auf Position drei schaffte das und hielt sein Team in Antholz so im Rennen. Wenn ein wiedererstarkter QFM in Oberhof aufschlägt und seine Leistung abruft, könnte er den Norwegern und Deutschen ein Schnippchen schlagen.

Und noch etwas: Sollten Sebastian Samuelsson und Ponsiluoma zweimal fehlerfrei bleiben, könnte Schweden triumphieren, wenn andere Teams versagen.

Die deutsche Herrenmannschaft für Oberhof ist nicht dieselbe von vor wenigen Jahren mit großen Stars. Sie besteht aus vielen jungen Athleten, die hart gearbeitet und sich genug verbessert haben, um dieses Jahr eine Rolle zu spielen. Die Veteranen Doll und Roman Rees standen beide auf dem Treppchen. Rees’ Schießleistung hat ihm die gesamte Saison über geholfen. Dolls Willensstärke und Laufleistung haben ihn immer im Rennen gehalten. Die Trainer Mark Kirchner und Uros Velepec haben exzellente Arbeit geleistet und ihr Team auf die BMW IBU Heim-WM gut vorbereitet. Obwohl ihre größten Medaillenchancen in der Staffel liegen, könnten sowohl Rees als auch der Sprintweltmeister von 2017, Doll, Einzelmedaillen holen.

Wenn es eng wird, können auch die deutschen Fans ihre Helden durch ihre Jubelrufe über die schweren Strecken, durch das Schießen und letztendlich aufs Podest peitschen. Jede Heimmannschaft träumt von Medaillen vor den Augen ihrer begeisterten Fans. Die Zeit ist jetzt für Doll, Rees, Johannes Kühn, Justus Strelow und David Zobel gekommen.

Nur noch zwei Tage…

Fotos: IBU/Christian Manzoni, Juliane Walter, Igor Stančík, Vianney Thibaut

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