Obwohl sie im vergangenen Sommer mit dem Team zusammen trainierte, beschloss Linn Gestblom im November, die Weltcup-Saison 2024/25 auszulassen. Nach zwei größeren Operationen in den letzten beiden Jahren würde ihr eine längere Erholungs- und Reha-Pause die besten Chancen bieten, rechtzeitig zur Olympiasaison wieder zu ihrer Top-Form zurückzufinden. „Es war eine wirklich schwere Entscheidung. Es ist mir alles andere als leicht gefallen, die letzte Saison auszulassen. Anfangs hatten wir keinen richtigen Plan und ich fühlte mich ganz schön verloren. Dann wurden einige MRT-Untersuchungen und Tests durchgeführt. Am schlimmsten war, auf die Ergebnisse zu warten. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Die Entscheidung zur Pause war eine der schwierigsten in meinem Leben.“
Für die Schwedin war der Verzicht auf eine ganze Saison ein schwerer Schritt: „Dieses Gefühl beim Überqueren der Ziellinie, das Gefühl des perfekten Rennens und die Freude über eine gute Leistung – all das würde mir fehlen.“ Auf die Frage, wie sie sich mit der Zuschauerrolle arrangieren konnte, sagte sie: „Teils, teils. Ich mag das Gefühl, wenn du ins Ziel kommst. Ich weiß aber auch, wie es vor und während dem Rennen läuft. An einem nassen, regnerischen Tag war es ganz nett, nicht da draußen sein zu müssen. Trotzdem habe ich es vermisst.“
Ein Winter ohne Biathlon ist hart. Doch die Unsicherheit, ob die Operationen den gewünschten Erfolg bringen würden, war noch viel härter. „Ich wusste nicht, ob ich am Ende schmerzfrei sein würde. Das hat mir ganz schön zu schaffen gemacht. Das standardmäßige Reha-Programm hat bei mir nicht funktioniert. Ich hatte immer noch Schmerzen, vor allem im Kopf, obwohl ich hätte schmerzfrei sein sollen. Das Schlimmste war allerdings die Ungewissheit, ob ich ein schmerzfreies Leben führen, ob ich morgens ohne Kopfschmerzen aufwachen kann. Ich bin überglücklich, dass ich jetzt schmerzfrei bin.“
Die Zeit ohne Biathlon hat die Schwedin einiges gelehrt. „Im Laufe einer Saison finden unzählige Biathlonwettkämpfe statt. Normalerweise nehme ich an der Hälfte davon teil. Jetzt habe ich sie im Fernsehen angeschaut. Alles andere musste dann warten. Das war schon komisch. Doch die wichtigste Erkenntnis war die, wie sich ein schmerzfreies Leben anfühlt.“
Neben Reha und unzähligen Stunden Biathlon vor dem Fernseher unternahm Linn Gestblom Dinge, für die sie in einem normalen Wettkampfwinter keine Zeit hat: „Ich konnte zusammen mit meinem Mann und meiner Familie etwas unternehmen. Das war in den letzten Jahren nicht möglich. Ich musste keine Angst haben, wenn Menschen in meiner Nähe etwas kränklich waren, und konnte trotzdem rausgehen.“
Nachdem sie die Eingriffe und ihre Vollzeit-Reha nun hinter sich gebracht hat, macht die zweifache Olympiamedaillengewinnerin mit der Staffel deutliche Fortschritte im Training. „Es fühlt sich gut an, wieder normal zu trainieren. An das Niveau des Teams komme ich noch nicht heran, da mir Trainingsstunden fehlen und ich noch immer etwas Reha machen muss. Aber ich spüre deutliche Fortschritte und fühle mich ziemlich frisch. Zum ersten Mal seit Jahren bin ich schmerzfrei, was zum Teil auch eine Frage der Kompensation ist. Wenn ich jetzt eine Einheit beendet habe, bin ich zwar erschöpft, aber ich habe keine Schmerzen.“
Ihr Hauptaugenmerk im Sommer lag auf „Krafttraining, Muskelaufbau und Ausdauer. Nach den zwei Operationen habe ich viel Kraft verloren, obwohl der letzte Eingriff mehr als ein Jahr zurückliegt.“
Mit einem genesenen Körper und ihren Fortschritten im Training hat sich die Schwedin große Ziele für die Saison 2025/26 gesetzt: „Ich möchte bei Olympia dabei sein und in den Wettkämpfen gute Leistungen abrufen. Das ist mein großes Ziel und die größte Motivation für mein Comeback. Ich möchte unbedingt verletzungsfrei antreten können. Wenn es klappt, setze ich meine Karriere vielleicht fort. Jetzt freue ich mich erstmal, wieder da zu sein. Und hoffentlich kann ich im Kampf um die Olympiatickets mitmischen.“
Fotos: IBU/Christian Manzoni, Nordic Focus