Im Winter 2024/25 lieferte Julia Simon, die Gesamtweltcup-Siegerin des Jahres 2023, die insgesamt schon 15 Weltcuprennen gewonnen hat und von den letzten zwei IBU WMs je vier Goldmedaillen mit heim nahm, wieder einmal solide Leistungen. „Es war eine gute Saison, mit der ich sehr zufrieden bin. Mein Hauptziel war die WM, bei der ich viermal Gold geholt habe. Das war unerwartet.“
Nach einem zweiten Platz im Verfolger von Antholz und einem starken Auftritt als Schlussläuferin der Staffel ging sie in Lenzerheide mit viel Selbstvertrauen an den Start. „Meine Form wurde mit jedem Rennen in Antholz noch besser. Nach so vielen Jahren im Weltcup wusste ich, dass ich für die wichtigsten Rennen der Saison bereit sein würde. Ich hatte ein gesundes Selbstvertrauen, aber dass es so gut wird, hatte ich auch nicht erwartet.“
Mit WM-Siegen in der Frauenstaffel, Mixed-Staffel und Single-Mixed-Staffel steht ihr Zähler für Podestplätze mit der Staffel nun auf 37. „Staffeln waren immer ein wichtiger Teil meiner Karriere, vor allem, als ich noch jung war. Manche Leute stehen in der Staffel unter Druck. Ich spüre den Druck, habe aber gefühlt auch mehr Kraft. Ich weiß nicht warum. Ich bin als Biathletin an den Staffeln gewachsen und fühle mich gut an Staffeltagen. Das ist immer etwas Besonderes.“
Die Trefferquote der routinierten Französin sackte in der letzten Saison auf immer noch respektable 85 %, vier Punkte unter ihrer persönlichen Bestleistung. „In den letzten zwei Jahren waren die Erwartungen an mich hoch, sowohl meine eigenen als auch die der Öffentlichkeit und der Medien. An der Waffe muss man zu 100 % konzentriert sein. Die letzte Saison war etwas schwierig; manchmal habe ich mich sicher gefühlt und manchmal sah das Zielbild nicht so gut aus. Ich weiß nicht warum. Ich habe vor der WM viel mit meinem Trainer Jean Paul (Giachino) gesprochen. Ich bin am Schießstand ruhiger geworden und haben zum ersten Mal zwei Einzel gewonnen. Ich habe viel dazugelernt. Die größte Erkenntnis war, dass ich auch dann treffen kann, wenn ich auf der Strecke nicht in Bestform bin.“
Ihr Erfolg in Antholz stimmt die französische Star-Biathletin zuversichtlich, was die bevorstehenden Olympischen Winterspiele angeht. „Mir liegen die Strecken dort. Wenn man nach zwei Wochen in Deutschland dort ankommt, spürt man die Höhe. Das wird in diesem Jahr ein bisschen anders sein, weil alle auf die Winterspiele und die Höhe vorbereitet sein werden. Die Strecken sind sehr schwierig. Man muss immer noch mehr geben, und der Schießstand kann knifflig sein. Ich glaube, ich bin für die Winterspiele dort bereit. Das ist immer ein guter Ort. Wir haben ein gutes Hotel und gutes Essen. ... Für mich fühlt es sich noch sehr weit weg an. Im Dezember wird es viel greifbarer sein als jetzt.“
Simons Fokus liegt „natürlich auf den Winterspielen. Das erlebt man nur alle vier Jahre. Das ist mein großes Ziel, und auch das aller anderen. Das ist eine meiner ersten Kindheitserinnerungen. Das große Ziel wäre eine Medaille im Einzel und Gold für die französische Staffel.“
Eingenordet auf große Ziele und voll im Training nutzt die mehrfache Weltmeisterin ihre Werkstatt als Rückzugsort vom Biathlon. „Dort zu arbeiten hilft mir dabei, die Biathlonwelt mal auszublenden. Im Biathlon lebt man wie ein einer Blase, und die Tischlerei ist mein Bezugspunkt zum echten Leben, dafür kann ich mich begeistern und mich damit auch mal ablenken.“
Für Trainer Cyril Burdet hat Simon kürzlich eine Gitarre gebaut. „Das hat sehr lange gedauert. Alles fing mit einem Bild auf Instagram an, da habe ich gedacht, das wäre ein schönes Geschenk für meinen Trainer Cyril, der auch Musik macht. Ich habe den ganzen Winter über YouTube-Videos dazu geschaut, weil ich von Musik keine Ahnung habe und verstehen wollte, wie das funktioniert. Das waren viele Stunden, aber es hat auch viel Spaß gemacht, und sie funktioniert auch gut.“
Inzwischen ist das Training wieder angelaufen, und so wäre Simons perfekter Sommertag „ein Ruhetag! Ein Ruhetag ist immer ein guter Tag. Natürlich würde ich ein bisschen in der Werkstatt basteln und abends mit Freunden grillen. An einem Trainingstag stehe ich am liebsten früh auf und gehe Skiroller oder Fahrrad fahren, dann ruhe ich mich aus, dann eine Schießeinheit und noch mal Training, und abends Freunde treffen und ein bisschen Spaß haben!“
Fotos: IBU/Chrisitan Manzoni, Nordic Focus, Julia Simon