In Anlehnung an die bekannte Weisheit „Es ist Biathlon, da kann alles passieren“ fragten wir nach der größten Überraschung der letzten Saison. Denise erwähnte „Paula Botets Sprintsieg in Oberhof“, Kaisa brachte „Suvi Minkkinens großartige Form von Kontiolahti bis zum Podestplatz in Oslo“ ins Rennen.
Puppo sagte mit einem leicht anderen Blickwinkel: „Kein Staffelsieg im Weltcup für die norwegischen Männer. Sie haben WM-Gold gewonnen, aber bei der Aufstellung und Vorgeschichte ist das die größte Überraschung des Jahres!“
Nowakowska und Brorsson waren sich einig: „Ein Jahr vor den Olympischen Winterspielen die Ankündigung der Bö-Brüder, dass sie aufhören.“
Nowakowska: “Definitiv Campbell Wright.” Brorsson: „Ella Halvarsson, erste Weltcupsaison und gleich ein Podestplatz und eine Silbermedaille bei der WM!“
Herrmann-Wick, Mäkäräinen und Puppo nannten Oceane Michelon. Der Italiener erklärte: „Für mich klar sie, wegen ihrer letzten Runde im Massenstart. Sie hat bewiesen, was sie auf der Strecke leisten kann, wird auch nächstes Jahr wieder vorn im Weltcup mitlaufen und könnte um den Gesamtsieg mitkämpfen.“
Brorsson entschied sich für „Franziska Preuss, das ist einfach, sie hat den Gesamtsieg geholt ... die ganze Saison so gute Leistungen erbracht. Hat sich völlig verausgabt, dem Druck standgehalten, war erstklassig am Schießstand und auf der Strecke, einfach der Wahnsinn.“ Herrmann-Wick stimmte der Schwedin zu, was das Schießen anging, nominierte aber Anamarija Lampič für deren Laufleistungen. Kaisa und Puppo dachten in eine ähnliche Richtung. Die Finnin sagte: „Braisaz, Lampič und Elvira waren das ganze Jahr über stark. Aber mich hat beeindruckt, wie die jungen Französinnen Michelon und Richard gelaufen sind.“ Was die Treffsicherheit angeht: „Durch die finnische Brille betrachtet Suvi Minkkinen am Schießstand.“ Puppo fand, Julia Simon habe ihre eher mäßige Laufform mit gutem Schießen gut kompensiert, während Nowakowska ihre Landsfrau Natalia Sidorowicz nominierte, die im Massenstart in Oslo fehlerfrei geblieben war.
Bei den Männern waren sich alle einig, dass es keine leichte Entscheidung war. Kaisa nannte Eric Perrot, Nowakowska und Brorsson entschieden sich für Martin Uldal. Die Schwedin, die ihre Karriere vor nicht allzu langer Zeit beendete, erklärte: „Uldal legt am Schießstand ein enormes Tempo vor. ... Ich denke, in den nächsten 2 - 3 Jahren werde es ihm einige nachmachen und ihre Waffe mit der nicht dominanten Hand nachladen.“
Auch Weltcup-Gesamtsieger Sturla Holm Lägreid mit seiner unglaublichen Trefferquote von 93 % bekam eine Stimme.
In einer Saison voller Highlights fand die Gruppe es schwierig, eine besonders herausragende Leistung zu benennen, gab es doch viele denkwürdige Momente. Herrmann-Wick musste nicht weit blicken: „Franzis Gold in der Verfolgung in Lenzerheide und der Heimsieg von Jakov Fak.“ Puppo entschied sich für Tarjei Bös Sprintsieg in Annecy Le Grand Bornand: „Er hatte nur diese eine Chance auf den Platz im Team und hat es geschafft. ... Johannes überschwängliche Freude war etwas ganz Besonderes.“
Brorsson lobte den Saisonabschluss mit dem Massenstart der Frauen in Oslo, doch Kaisa, die selbst viele große Momente erlebt hat, brachte es auf den Punkt. „Ist der Kampf um den Gesamtsieg jemals zuvor so spannend gewesen?! Lou und Franzi haben da unglaubliche Leistungen abgeliefert! Und dann dieses dramatische Ende. Mir ist ab der 4. Runde bis zum Zieleinlauf allein vom Zuschauen der Puls in die Höhe geschossen. Dieses Rennen vergesse ich nie.“
Hier waren sich fast alle einig: Frankreich ist die Mannschaft, die es zu schlagen gilt. Herrmann-Wick dazu: „Absolut. Sie pushen sich auf der Strecke und am Schießstand, im besten Sinne, und viele junge, rebellische Nachwuchstalente fordern die erfahrenen Frauen heraus.“ Nowakowska, selbst Gewinnerin einer WM-Medaille, fügte hinzu: „Sie haben diese perfekte Kombination aus Erfahrung und Nachwuchs.“ Kaisa war sich sicher, was die Französinnen angeht, die ihre Stärke auch schon bewiesen haben. „Sie dürfen sich auf eine tolle Zukunft freuen. Ich denke, bei den Männern werden die Norweger es den Franzosen noch schwer machen. Sie haben den IBU Cup so dominiert wie die französischen Frauen.“
Der italienische Eurosport-Kommentator war der einzige Zweifler: „Frankreich braucht von Fillon Maillet noch einmal so eine Saison wie die zweite Hälfte dieser Saison, und Emilien Jacquelin muss so gut und beständig abliefern wie in dieser Saison, damit sie an Norwegen vorbeiziehen können.“
Auch für unsere Expert*innen ist es jetzt Zeit, nach Hause zurückzukehren und die Saison abzuschließen. Herrmann Wick sagte, sie wolle „erstmal meine Sachen waschen.“ Kaisa stellte fest, dass der Winter noch nicht vorbei ist: „Nach zwei Wochen in Helsinki als Expertin (Co-Kommentatorin) kam ich nach Hause und musste erst mal Schnee schaufeln, um auf die Auffahrt zu kommen!“
Das war‘s!
Fotos: IBU/ Nordnes, Christian Manzoni, Nordic Focus