Clare und Susan beenden Karriere: US-Teams schaut in die Zukunft

„Veränderungen im Sport sind unausweichlich. Wir alle leben damit. Keine Sportlerkarriere geht ewig weiter“, so der Vorsitzende des US-Biathlonverbands Max Cobb. In der vergangenen Saison sind die beiden Eckpfeiler der US-Damenmannschaft, Clare Egan und Susan Dunklee, aus dem aktiven Sport zurückgetreten. Das US-Team formierte sich neu. Nun stehen sie vor der Herausforderung, ihre Erfolgssträhne bestehend aus Podiumsplätzen, IBU WM-Medaillen und der besten Staffelplatzierung aller Zeiten mit Rang fünf in Antholz, am Laufen zu halten.

Insgesamt trugen Egan und Dunklee, beide Mitte 30, mehr als nur gute Ergebnisse zu US-Biathlonprogramm bei. Ohne es zu bemerken, verschafften sie sich Respekt und Bewunderung innerhalb und außerhalb des Sports.

Egans Gefühlschaos endet

Egan hatte persönlich Problem mit dem Ende ihrer Karriere. Über ihre Teamkollegin sagte sie aber voller Bewunderung: „Sie hat ihr letztes Karrierejahr sehr würdevoll absolviert. Ich weniger, emotional gesehen. Das hat mich überrascht… Es ist vielleicht ein Widerspruch, aber ich bin letztendlich auch dankbar, dass es vorbei ist. Ich hatte so viele Hoffnungen und Träume, die ich nicht erreicht habe. Aber ich weiß auch, dass ich das Glück hatte, meine Karriere nach meinen eigenen Vorstellungen zu beenden, ohne Verletzungen oder der Tatsache, es nicht mehr ins Team geschafft zu haben. Ich bin froh über mein erfolgreiches letztes Rennen in Lake Placid (Nationalmeisterin im Sprint). Gleichzeitig habe ich aber nicht alle meine Ziele erreicht.“

Dunklees friedlicher Rückzug

Dunklee sagte über sich: „Ich habe Frieden geschlossen. Ich habe bereits die vergangenen vier Jahre über mein Karriereende nachgedacht und die Entscheidung immer Jahr für Jahr neu getroffen. Ich war sehr unentschlossen. 2022 musste es dann endlich passieren, also habe ich mich endlich dazu durchgerungen. Letzten Frühling wollte ich eine Arbeit finden oder einen Plan für mein Leben nach dem Biathlon aufstellen, bevor der Winter kommt. Das habe ich gemacht. Ich denke, das verschafft mir jetzt auch mehr Ruhe.“

Auchentaller: „Ich respektiere sie als großartige Persönlichkeiten“

Der US-Damentrainer Armin Auchentaller sieht in Egan und Dunklee Vorbilder – im Biathlonzirkus und auch außerhalb. Diese Damen haben die Messlatte für das US-Team für die kommenden Jahre sehr hoch gehängt. „Sie waren großartige Athletinnen und habe viele tolle Ergebnisse eingefahren. Ich denke, ihr größter Erfolg liegt in ihrer Persönlichkeit. Beide haben auf unterschiedliche Weise viele wunderbare Qualitäten als Mensch. Ich respektiere sie als großartige Persönlichkeiten… Sie haben immer versucht, ihren Teamkollegen und der kommenden Generation ein Vorbild zu sein. Ihr Erfolg bietet jungen Athleten die Möglichkeit, ihnen nachzueifern und sie vielleicht sogar zu toppen. Ich denke, beide wären sehr glücklich, wenn die nächste Generation noch bessere Leistungen abliefert als sie selbst.“

Einfluss auf den Sport

Dunklees eigene Worte in Bezug auf den Biathlonsport zeigen, warum sie und Egan von den Trainern und Athleten gleichermaßen respektiert werden. „Ich wollte dem Sport meinen Stempel aufdrücken – ob nun als Mentor für Nachwuchsathleten oder in den vergangenen Jahren als Mitglied des IBU Botschafterprogramms für Athleten. Man treibt 24 Stunde, sieben Tage die Woche Sport. Das kommt mir egoistisch vor. Man tut dabei nichts für die Welt. Es ist leicht, zu vergessen, welche Möglichkeiten wir als Athleten besitzen und wie stark wir andere Menschen und jene, die uns nachfolgen, inspirieren können. Das hat mich die letzten Jahre am Laufen gehalten.“

Egan fügte in Hinblick auf das US-Programm hinzu: „Wenn man das Team verlässt, möchte man es in einem besseren Zustand zurücklassen, als man es beim Eintritt vorgefunden hat. Susan und ich haben darüber gesprochen, ob wir das getan haben oder ob wir einfach nur aussteigen. Wird nach uns alles enden? Aber die jungen Athleten, die uns nachfolgen, stimmen uns zuversichtlich (nachdem ich 180 Starter bei der Nationalmeisterschaft in Lake Placid gesehen hatte). Ich habe Susan geschrieben (die krankheitsbedingt nicht dabei sein konnte): ‚Ich glaube, das würde die gefallen… Nach uns wird nicht alles enden!‘“

Dunklee und Egan: „Weiterhin etwas zurückgeben… und junge Athleten inspirieren“

Cobb sprach über Dunklees und Egans Einfluss: „Beide spielten eine wichtige Rolle in unserem Programm. Dass beide nun gleichzeitig ihre Karriere beenden, ist ein bittersüßes Gefühl. Wir bewundern und respektieren beide als Menschen und als Athleten. Ich bin froh, dass ihr Karriereende von tollen Leistungen gekrönt wurde. Beide sind auch weiterhin sehr interessiert an unserem Sport. Clare wird Vorsitzende des IBU Athletenkomitees und so mit dem Sport verbunden bleiben. Susan arbeitet im Craftsbury (Outdoor Center). Ich denke, beide werden die Möglichkeit haben, auch weiterhin etwas zurückzugeben und junge Biathleten zu inspirieren.“

Selbstbewusst in die Zukunft

Für das US-Damenteam wird es schwierig, auch in Zukunft ihr hohes Leistungsniveau zu halten, doch alle Beteiligten sind optimistisch – von Dunklee über Egan bis hin zu Auchentaller. Egan sagte zuversichtlich: „Mit Deedra und Joanne haben wir zwei starke Athletinnen, die bei Olympia und der IBU WM bereits Top-Ten-Platzierungen eingefahren haben. Und sie haben noch Luft nach oben, das wird also sehr spannend… Beide können zu Eckpfeilern für die Mannschaft werden… Es hat mich sehr ermutigt, als ich bei der Nationalmeisterschaft gesehen habe, wie viel Spaß die Nachwuchsathleten bei ihren Biathlonrennen mit ihren Freunden hatten.“

Der Damentrainer unterstreicht, dass die geteilten Werte der US-Mannschaft der Schlüssel sind, um das positive Momentum am Laufen zu halten. „Um unsere Leistungen weiter zu steigern, müssen wir als Team agieren: Wir müssen an die Fähigkeiten unserer Nachwuchsathleten glauben und niemals unser Ziel aus den Augen verlieren, die Besten zu sein. Ein US-Biathlet zu sein, ist nicht einfach. Nicht viele Athleten betreiben in den USA diesen Sport. Es braucht viel Hingabe, einer von jenen zu sein, die in Zukunft erfolgreich sind. Ich respektiere das Engagement von jedem in den USA. Es ist stärker als in vielen anderen Ländern.“

Dunklee hat während ihrer Karriere viele Verbesserungen miterlebt, die ihrer Meinung nach die Zukunft des US-Teams bestimmen werden. „Ich denke, wir haben in den vergangenen 14 Jahren in Hinblick auf die Qualität des US-Biathlonprogramms einige große Veränderungen erlebt. Wir haben viel bessere Ergebnisse erzielt und haben einige Hochs und Tiefs durchlebt. Wir wissen jetzt, auf welchem Niveau wir laufen können und wonach wir streben können… Wir haben noch einige Talente in der Hinterhand, zum Beispiel Cloe Levins und Kelsey Dickinson. Das Team besteht noch. Es wird etwas Zeit dauern, alles aufzubauen, aber hoffentlich nicht zu lange.“

„Fokus auf die kommende Generation mit tollen Möglichkeiten“

Cobb, der Motor des US-Biathlonteams seit dreißig Jahren, fügte hinzu: „Es ist eine große Herausforderung, so eine Veränderung im Team zu meistern. Doch wir sind alle von Deedra Irwins Leistungen in der vergangenen Saison beeindruckt. Das macht uns Hoffnung, dass sich nicht nur Deedra weiter verbessern wird, sondern dass auch andere Nachwuchsathleten sich der Herausforderung stellen, im Weltcup starten und einige Schritte vorwärts machen… Die Leistungstiefe unter den Nachwuchsathleten ist moderat. Das bedeutet, dass wir keine Athleten haben, die bereit sind, sofort in die Bresche zu springen und ähnliche Leistungen wie Susan und Clare abzurufen. Andererseits konzentrieren wir uns natürlich auf die nächste Athletengeneration und ermöglichen ihr, im Weltcup und bei der IBU Weltmeisterschaft anzutreten. Das ist eine Motivation, die wir der kommenden Generation gern bieten wollen.“

Balance nach Olympia

Auchentaller, ein erfahrener Veteran, der vor seinem Posten beim US-Team bereits in Italien und der Schweiz gearbeitet hat, versteht, was es nach einer olympischen Saison braucht, um vorwärts zu kommen. „Nach Olympia ist es immer schwierig, alles neu zu strukturieren und den nächsten Schritt zu machen. Man braucht eine Weile, um den richtigen Weg zu finden. Für die Athleten ist das olympische Jahr sehr anstrengend. Es erfordert viel Hingabe, auch außerhalb des Trainings, und ist mit hohen Erwartungen verbunden. Nach Olympia wieder die Balance zu finden, ist sehr wichtig. Andererseits hört natürlich niemand auf zu kämpfen. Es ist sehr wichtig, sich das ins Gedächtnis zu rufen. Der Schlüssel zum Erfolg ist es, die richtige Menge an Vorwärtsschritten zu machen, ohne dabei zu stolpern oder etwas einzubüßen.“

Photos: IBU/Christian Manzoni, Danny Wild

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