10 brennende Fragen an: Marte und Quentin

Vor der Saison 2021/22 standen weder bei Marte Olsbu Roeiseland noch bei Quentin Fillon Maillet ein Weltcupgesamtsieg oder eine olympische Goldmedaille zu Buche. Doch sie wollten unbedingt ihr Ziel erreichen und Biathlongeschichte schreiben. Sie gewannen jeweils fünf Medaillen – darunter zwei goldene in den Einzelrennen – bei den OWS 2022 in Peking und sicherten sich den BMW IBU Weltcupgesamtsieg. Kein anderer Biathlet und keine andere Biathletin haben je beides in einer Saison geschafft.

BW: Das war eine wichtige Saison für Sie mit dem Weltcupgesamtsieg und den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking. Mit welcher Einstellung sind Sie das Sommertraining angegangen, um diese beiden großen Ziele zu erreichen?

MOR: Dieses Jahr lag der Fokus auf Olympia. Das war mein großes Ziel. Wir wussten, die Bedingungen wären anders als im Weltcup aufgrund der Höhenlage, dem starken Wind und dem vielen Schnee, der die Strecken langsamer machte. Der Rest der Saison war nur ein Bonus. Dass ich um die kleinen Kristallkugeln mitkämpfen und sogar die große Kristallkugel gewinnen würde, hatte ich vor dem Saisonbeginn nicht erwartet.

QFM: Seit dem Beginn meiner Biathlonkarriere wollte ich mich als Athlet mit jeder neuen Saison weiterentwickeln. Meine Pläne vor Saisonbeginn waren klar: den Gesamtweltcup und eine olympische Goldmedaille zu gewinnen. Und das habe ich geschafft. Jahrelange harte Arbeit hat mich an mein Ziel geführt. Ich habe meine Träume erreicht.

BW: Welche Lektion aus der vergangenen Saison, als Sie so nah am Gesamtweltcupsieg dran waren, haben Sie in der neuen Saison umgesetzt?

MOR: Ich bin stark in die letzte Saison eingestiegen. Dann habe ich zu viel Zeit damit vergeudet, um den Sieg im Gesamtweltcup nachzudenken. Ich wollte immer um jeden Preis mein Bestes geben. Ich hatte vergessen, ich selbst zu sein. 2021/22 habe ich mich auf jedes Rennen konzentriert. Ich habe versucht, alles so gut wie möglich zu machen und abzuwarten, was am Ende dabei herauskommt. Das Ergebnis erhält man erst am Ende des Rennens, nicht vorher. Es liegt ein großer Unterschied zwischen diesen beiden Herangehensweisen.

QFM: Die vergangenen drei Saisons war ich sehr nah an der Biathlonspitze dran, aber ich bin gegen zwei außerordentlich begabte Athleten angetreten: Martin Fourcade und JT Boe. Mir wurde bewusst, dass in jedem einzelnen Rennen jedes Detail stimmen muss – schnelles Laufen und akkurates und kluges Schießen. Im letzten Sommer habe ich den Schalter in meinem Kopf gefunden, den ich umlegen muss, damit alles klappt und ich um den Sieg mitkämpfen kann.

BW: Wen hatten Sie vor Saisonbeginn als stärksten Gegner im Auge?

MOR: Das ist eine gute Frage! Ich könnte jetzt einfach Elvira sagen. Sie war fantastisch. Aber sie hat mich mit ihrer Beständigkeit in ihrem jungen Alter überrascht. Vor dem Winter dachte ich eher an Tiril Eckhoff. Und sie hat bei Olympia am Ende der Saison auch bewiesen, wie stark sie ist. Und ich musste gegen mich selbst kämpfen natürlich.

QFM: Zu Beginn der Saison war es Emilien. Er war läuferisch stark und hat schnell und selbstbewusst geschossen. Johannes hatte sein hoch bei den OWS 2022. Er und Eduard Latypov sind in China über die Strecken geflogen. Im letzten Trimester sind Sturla (Holm Laegreid), Vetle (Sjaastad Christiansen) und Sebastian (Samuelsson) in Fahrt gekommen und haben in jedem Rennen um einen Podestplatz gekämpft.

BW: An welchem Punkt der Saison haben Sie realisiert, dass Sie stärker sind als die Konkurrenz und dass niemand an Ihre Leistungen und Ihre Beständigkeit herankommen wird?

MOR: Den Sieg im Gesamtweltcup muss man sich Woche für Woche durch die gesamte Saison hinweg neu verdienen. In Peking habe ich mich am besten gefühlt. Ich bin dem Plan meines Teams vom April 2021 gefolgt. Das bedeutete, dass ich Antholz-Anterselva auslassen musste, um früher nach China zu fliegen. Ich hatte genug Zeit, mich an die Bedingungen in Zhangjiakou anzupassen. Ich wusste, ich hatte alles getan, um bei den OWS mein Bestes zu geben. Und das hat mir viel Selbstvertrauen gegeben.

QFM: Schwierig zu sagen. Als ich am Olympiaaustragungsort ankam, schien die Sonne, es wehte nur leichter Wind, es schneite und ich habe mich gut gefühlt. Ich war selbstbewusst und das hat sich in zwei Goldmedaillen und drei Silbermedaillen niedergeschlagen. Im letzten Trimester bin ich gelaufen, um zu gewinnen. Ich wollte nicht nur auf dem Podium stehen, sondern siegen. So viel Selbstvertrauen hatte ich.

BW: Was war Ihr schönster Moment in dieser Saison?

MOR: Es gab viele schöne Momente. Als wir Mixed-Staffel-Gold in Peking gewannen und das Eröffnungsrennen für Norwegen grandios gelaufen war. Außerdem konnte ich meine Freude mit meinen Teamkollegen teilen. Dann der Gewinn meines Sprintgolds – meine erste Einzelgoldmedaille bei Olympia. Das war eine große Genugtuung, denn ich habe viele Jahre lang sehr hart für mein Ziel gearbeitet. Diesen Moment werde ich niemals vergessen.

QFM: Wenn ich einen Moment auswählen muss, dann ist es der Verfolgungssieg in Peking 2022. Die Bedingungen waren hart und ich war in Topform. Ich habe nach dem Sieg meine Eltern und meine Freundin angerufen. Ich war voller Emotionen. Das war eine tolle, unvergessliche Zeit!

BW: Von welchen ehemaligen Champions haben Sie am meisten gelernt?

MOR: Ich habe einen tollen Mentaltrainer, der mir dabei hilft, aus jedem Rennen etwas zu lernen. Solange man lernt, macht Biathlon Spaß. Wenn man das Gefühl hat, dass es nichts Neues mehr zu entdecken gibt, sollte man aufhören.

QFM: Zu Beginn habe ich französische Athleten wie Vincent Defrasne, Raphael Poiree, aber auch Ole Eiinar Björndalen und Sven Fischer studiert. Am meisten habe ich von Fourcade gelernt. Wir haben in sieben Saisons sehr viel Zeit als Teamkollegen zusammen verbracht. Er war der ultimative Profi. Martin war ein fantastischer Gegner, aber auch ein guter Freund. In seinem Schatten zu stehen, war nicht immer einfach, aber es hat mich zu einem besseren Athleten gemacht. Jetzt sind alle Augen auf mich gerichtet. Das ist ein tolles Gefühl!

BW: Olympia findet nur einmal alle vier Jahre statt. Muss man im Vergleich zu den Biathlonweltmeisterschaften seine Herangehensweise daran ändern? Ist der Druck höher?

MOR: Olympia ist etwas Besonderes. Der Druck ist unglaublich hoch. Bei der IBU WM 2020 in Antholz-Anterselva hatte ich ein ähnliches Gefühl. Die Gefühle beim Gewinn einer Goldmedaille bei der WM und bei Olympia unterscheiden sich nicht großartig voneinander. Die Emotionen sind gleich stark. Und gut.

QFM: Die Atmosphäre ist anders. Ein olympischer Austragungsort ist meistens neu für uns: neue Strecken, neuer Schießstand, mehr Druck, mehr Medienpräsenz. Das ist schwieriger.

BW: Gibt es einen Unterschied zwischen dem Schießen um eine Olympiamedaille und um einen Weltcupsieg?

MOR: Eigentlich nicht. Man muss sich konzentrieren. Und am Ende bekommt man das Ergebnis.

QFM: Mmh. Als Olympiasieger ist man ein Held im Heimatland. Es geht also um sehr viel. Aber wenn man den Weltcupgesamtsieg erreichen möchte, muss man mehr als 20 Mal pro Saison sein Bestes zeigen. Man reist viel. Gesund zu bleiben, ist schwierig. Vielleicht liegt der Unterschied in der Intensität von beidem. Aber es ist ungefähr gleich schwer.

BW: Was hat Sie mehr angetrieben: Die Angst vorm Verlieren oder die Freude zu gewinnen?

MOR: Die Freude zu gewinnen.

QFM: Die Freude zu gewinnen.

BW Was hat Ihnen dabei geholfen, in den vier Saisonmonaten sowohl physisch stark als auch mental ruhig und konzentriert zu bleiben?

MOR: Im Moment zu leben.

QFM: Viel Schlaf, gesunde Ernährung und sich auf die Aufgabe, die vor einem liegt, zu konzentrieren. Ich habe auch ein kleines Geheimnis, aber das behalte ich für mich.

Foto: IBU/C. Manzoni

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