Im Gespräch mit ... Martin Ponsiluoma

Niemand war bei der letzten IBU Weltmeisterschaft überrascht, Sturla Holm Laegreid, Emilien Jacquelin oder Tiril Eckhoff oben auf dem Treppchen zu sehen. Aber als im 10 km Sprint der Männer der letzte Starter im Ziel war, war es Martin Ponsiluoma, dem man die Goldmedaille umhängte, sodass weniger passionierte Biathlon-Fans fragten: „Wer hat gewonnen?“

Ja, da war der Schwede Martin Ponsiluoma, bislang mit Platz 23 in der Verfolgung 2020 als WM-Bestleistung, über sich hinausgewachsen: Weiße Weste am Schießstand und mit rasanten 11,2 Sekunden Vorsprung vor Simon Desthieux zum ersten Sieg seiner Karriere und obendrein noch zum Weltmeistertitel, alles an einem Tag.

„Perfektes Rennen am richtigen Tag“

Rückblickend sagte Ponsiluoma kürzlich über diesen Tag: „Ich hatte nicht erwartet, dass es so gut laufen würde. Im Sommer habe ich mich stärker gefühlt als vorher, aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass das für Gold reichen würde ... In das erste Saisonwochenende bin ich mit den schnellsten (Lauf-) Zeiten gut gestartet. In dieser ersten Woche habe ich im Sprint mit Sebastian auf dem Podest gestanden. Das war eine neue Erfahrung, auf dem Niveau mitlaufen zu können. Da wusste ich, dass ich nicht fehlerfrei schießen muss, um ein gutes Ergebnis einzufahren. Nachdem die Saison so gut gestartet war, wusste ich, dass ich eine gute WM-Leistung abliefern kann. Und in Pokljuka gelang mir dann ein perfektes Rennen am richtigen Tag.“

Sprintpotential vorhanden

Vor der letzten Saison hatte der 26-jährige Schwede erst einmal auf dem Podest gestanden, ein sensationeller dritter Platz im Sprint von Nove Mesto 2018, damals eine persönliche Bestleistung, auch mit fehlerfreiem Schießen, aber 54 Sekunden hinter Johannes Thingnes Boe. Davon abgesehen war Ponsiluoma in seinen drei vorherigen Saisons im BMW IBU Weltcup vor allem für die Mannschaft eine Bank gewesen, war in der schwedischen Staffel erst als Startläufer, dann als dritter, und zuletzt als Schlussläufer angetreten. Doch das Sprintpotential zeichnete sich in seinen Wettkampfergebnissen schon länger ab: Über drei Saisons absolvierte er elf Sprints mit null oder einem Fehler. Er hat immer an sich geglaubt: „Ich hatte immer das Gefühl, ich könnte es an die Spitze schaffen. Ich habe einfach noch nie zeigen können, was ich drauf habe.“

Davon geträumt

Er hatte nicht erwartet, an einem Tag gleich die Sprint-Größen aus Norwegen und aus Frankreich abhängen zu können. „Davon träumt man. Man will immer gewinnen. Sie sind wirklich stark. Immer, wenn man ein paar von ihnen schlägt, freut man sich riesig. Sie alle zu schlagen ist unglaublich. Ich war sehr glücklich!“

Mit Süßigkeiten zum Erfolg

Wie die meisten Biathleten stand Ponsiluoma schon früh auf Skiern, doch es war nicht seine einzige Leidenschaft. „Ich habe viel Sport gemacht, Fußball, Handball und Tennis gespielt, aber ich habe erst mit 14 ernsthaft mit Langlauf angefangen. Aber mein Vater, ein ehemaliger Skilangläufer, hat mich schon früh auf Skier gestellt. Mein erster Biathlonwettkampf war keine so gute Erfahrung. Ich habe neun von zehn Scheiben verfehlt. Vor dem zweiten Rennen hat mein Vater dann gesagt, dass ich für jeden Treffer etwas Süßes bekomme ... und ich habe neunmal getroffen! Danach ist es mit dem Schießen besser geworden.“

Vorbote von Pokljuka

Der zweite Platz im Massenstart von Hochfilzen 2020, 1,3 Sekunden hinter Arnd Peiffer, war der Vorbote für Ponsiluomas ersten Sieg in Pokljuka. „Das war unfassbar gut. Ein Fehler im ersten Schießen. Wenn man schon patzt, dann im ersten Liegendschießen. Dann kann man auf der zweiten Runden zum Feld aufholen und ist wieder im Spiel. Die nächsten fünfzehn Schuss danach ins Schwarze zu setzen, das war ein echt gutes Gefühl.“

Sprintspezialist.

Kaum überraschend: Für den IBU Sprintweltmeister 2021 ist der 10-km-Kracher die Lieblingsdisziplin. „Das ist schon lange meine Lieblingsdisziplin. Mit zwei Schießen komme ich gut klar, und die 10 km sind für mich die beste Ski-Distanz. Das ist wie die Formel 1 des Biathlon. Es gibt nur zwei Schießen, in denen man sich richtig gut konzentrieren muss. Die Distanz ist perfekt. Man muss mit Vollgas einsteigen und dann das Tempo hochhalten.“

Fortschritte mit der Mannschaft

Trotz der 10 Treffer in Pokljuka war Ponsiluomas Trefferquote in der letzten Saison mit 79 % nicht die beste. Dementsprechend lag der Fokus im Sommer für ihn auf „Schießen, Quote verbessern, mehr Sicherheit. Ich weiß, dass die Laufleistung in der letzten Saison sehr gut war, und da will ich mich einfach ein bisschen verbessern. Da fühle ich mich sicher. Aber das Schießen ist unberechenbar. Sturla schießt gut und kämpft um Gelb, dabei ist er nicht der schnellste Läufer. Da sieht man, wie wichtig das Schießen ist. Besser zu schießen, das ist mein größtes Ziel.“

Ponsiluoma ist überzeugt, dass das Training mit der Mannschaft ihm und der ganzen schwedischen Auswahl geholfen hat, Fortschritte zu machen, die ihm zu einem WM-Titel verholfen haben. „Alle treiben sich im Training gegenseitig an, jeder bringt sich ein. Sebastian (Samuelsson) ist ein richtig guter Schütze, der verfehlt im Training nie. Er demonstriert ganz klar, dass man fehlerfrei bleiben muss. Davon profitiert die ganze Mannschaft.“

Olympia-Ziele

Einen kompletten Satz IBU WM-Medaillen hat er schon (Sprintgold, Staffelsilber und Bronze mit der gemischten Staffel), und entsprechend hoch hat er seine Ziele für 2021/22 gesteckt. „Natürlich will ich mehr erreichen als im letzten Jahr. Es wäre der Wahnsinn, eine Olympia-Medaille zu gewinnen. Ich weiß, dass das sehr schwer wird, aber das ist mein Ziel.“

Und…

Das Erste, was ich nach Saisonende gemacht habe: Eine Skitour.

Der perfekte Tag: Auf dem Wasser sein, Fliegenfischen.

Mein Lieblingsessen nach einer harten Trainingseinheit: Pasta, jede Menge Pasta

Mein Biathlon-Vorbild als ich klein war: Ole Einar, ganz klar. Ich hab ihn mal getroffen, als ich noch klein war, der war mein großes Idol. Ich hatte die Casco-Brille und all das.

Vier Worte, mit denen ich mich beschreiben würde: Schnell, nett, fröhlich und stark. 

Fotos: IBU/Jerry Kokesh/Christian Manzoni

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